Es war einmal ein König, der hatte zwei Söhne. Der ältere hieß Max und der jüngere hieß Karl. Eines Tages ritten die beiden durch den Wald, es schien ihnen die Sonne ins Gesicht und es war schön warm. Nun näherten sie sich der verbotenen Mauer, dort durfte keiner hinüberklettern, weil auf der anderen Seite der Mauer ein großes Geheimnis verborgen war, aber keiner wusste genau, was es war. Max meinte: „Ich könnte doch einmal schauen, was hinter der Mauer versteckt ist, nur ganz kurz natürlich!“ „Ich würde das an deiner Stelle lieber nicht machen“, entgegnete Karl, „denn sie heißt schließlich nicht umsonst die verbotene Mauer.“ Doch Max überredete Karl über die Mauer zu steigen und so griffen sie vorsichtig einen Stein nach dem anderen. Als Max oben angekommen war, sprang er sogleich auf der anderen Seite hinunter. Auch Karl war schon fast oben auf dem Gemäuer und konnte schon beinahe auf die andere Seite blicken. „Komm schon, beeile dich!“, rief sein Bruder. Doch plötzlich, wie aus dem Nichts, erschien eine Rauchwolke und die beiden Brüder erblickten eine Hexe. Sie war ganz schwarz angezogen, hatte gelbglühende Augen, eine Hakennase und lange Fingernägel. Schnell versteckte sich Karl, sodass ihn die Hexe nicht sehen konnte. Max aber zitterte vor Angst und wurde blass im Gesicht. Die Hexe rief mit kratziger Stimme: „Was machst du auf dieser Seite der Mauer?“ „Ich wollte nur einmal schauen“, entgegnete er zitternd. Die Zauberin aber zückte ihren Zauberstab und murmelte einige Verse. Max wollte sich gerade noch auf die andere Seite retten, doch es war zu spät, er war verflucht und wie vom Erdboden verschluckt. Auch die Hexe Verschwand und löste sich wieder in Rauch auf. Karl aber rief noch sieben Mal nach seinem Bruder, doch bekam keine Antwort mehr. Schweren Herzens ritt er zurück ins Schloss. Dort erzählte er seinem Vater das Geschehene und sagte, er werde sich gleich morgen auf die Suche nach seinem Bruder Karl machen. So packte Karl am folgenden Tage seine Sachen, verabschiedete sich von seinem Vater und zog los. Er wusste, sein Bruder musste irgendwo auf der anderen Seite der Mauer sein. Als er dort angekommen und erneut hinübergeklettert war, erschien glücklicherweise nicht erneut die böse Hexe. Stattdessen hüpfte ein Eichhörnchen heran und sagte: „Wenn du deinen Bruder finden willst, musst du zuerst zum guten Zauberer, er wird dir Rat geben!“ „Wo kann ich den guten Zauberer finden?“, fragte Karl. „Laufe immer geradeaus“, rief das Eichhörnchen und hüpfte davon. Also lief Karl immer geradeaus, bis er an eine alte Hütte kam. Aus der Türe blickte ein freundlicher, alter Mann und bat Karl herein. „Was hast du auf dem Herzen, mein Junge?“, fragte er. Karl begann zu erzählen und als er fertig war, schaute der Zauberer finster drein. Er sagte mit ernster Stimme: „Die Rettung deines Bruders wird nicht einfach, denn du musst zunächst einen Drachen besiegen und einen Zauberstein finden.“ „Wozu brauche ich denn den Stein?“, fragte Karl. Der Zauberer entgegnete, dass sein Bruder Max in einer Höhle gefangen und verflucht sei. Nur der Stein könne die Höhle öffnen. Karl bedankte sich bei dem guten Zauberer und folgte dem Weg auf der Karte, die ihm der Zauberer mitgegeben hatte. Immer dunkler wurde der Wald und Karl so zündete Karl seine Fackel an. Er konnte kaum etwas erkennen, doch plötzlich tauchte vor ihm ein riesiger, roter Drache mit drei Köpfen auf. Karl erschrak und versteckte sich. Er überlegte, wie er den Drachen überlisten könnte. Karl zweifelte am Gelingen seines Plans, doch es bleib keine Zeit. Schnell zog er sein Schwert und rannte unter einen morschen Baum. Der Drache, der ihn nun bemerkt hatte, folgte ihm und es begann ein langer Kampf. Schließlich gelang es Karl, sein Schwert mit aller Kraft in den Baum zu stechen, sodass dieser sofort zu Boden fiel. In letzter Sekunde konnte er sich retten, doch der Drache wurde vom Baum erschlagen. Karl freute sich über seinen gelungenen Plan, denn sonst hätte er den Drachen wohl nie besiegen können. Nun musste er nur noch den verzauberten Stein finden. Da erschien plötzlich vor ihm ein goldenes Einhorn: „Der Zauberer schickt mich. Ich soll dich begleiten.“ Da freute sich Karl über die Gesellschaft und fragte: „Weißt du denn, wo ich den verwunschenen Stein finden kann?“ „Natürlich!“, entgegnete das Einhorn. Es erzählte Karl, dass der Stein vor langer Zeit einmal der Hexe gehörte und dass er selbst von ihr in ein Einhorn verwandelt worden ist. Karl stieg auf das goldene Tier und sie galoppierten los. Als die beiden schon eine ganze Weile unterwegs waren, kamen sie schließlich an eine steile Felswand. Karl stieg ab und das Einhorn trabte langsam an den Felsen heran. Es zeichnete mit der Schnauze ein Muster an die Wand und sie öffnete sich knarrend. Karl schlich sogleich hinein und fand ein Säckchen. Das Einhorn, das ebenfalls die Höhle betreten hatte, meinte: „Das ist der wertvolle Stein, den du gesucht hast!“ „Danke, gutes Einhorn!“, rief Karl freudig. Er nahm das Säckchen mit dem Zauberstein, steig wieder auf das prächtige Einhorn und ritt los. Als sie schließlich an der Steinhöhle ankamen, rief Karl: „Max, bist du hier?“ Und wahrhaftig, aus der Höhle schallte Max` Stimme: „Ja, ich bin hier!“ Schnell steckte Karl den Stein in die Mitte des Felsen und die Höhle öffnete sich. Max war frei. Freudestrahlend fielen sich die beiden Brüder in die Arme. Und auch das Einhorn wurde erlöst und verwandelte sich in eine wunderschöne Prinzessin. Die böse Hexe aber starb. Karl, Max und die Prinzessin wanderten zurück zum Schloss, wo sie der König freudig empfing. Karl heiratete die schöne Prinzessin und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.